Alexandrine von dem Hagen (1914 - 1978)

Als Alexandrine von dem Hagen am 15. Dezember 1978 im Alter von 64 Jahren nach nur kurzer Krankheit verstarb, trauerte Neumünster um eine verdienstvolle, beliebte und engagierte Kommunalpolitikerin.    

Geboren wurde sie am 28. November 1914 in Madsow/Mecklenburg als Alexandrine Edle und Freiin von Plotho. Sie wuchs mit fünf Geschwistern auf, die Familie lebte in Schwerin. Bei den von Plothos handelt es sich um alten mecklenburgischen Adel, die Ursprünge reichen zurück bis ins 12. Jahrhundert; gleiches gilt für die Familie von Passow, der die Mutter Jane entstammte. Der Vater, Wolfgang von Plotho, war hoher Offizier in beiden Weltkriegen (zuletzt als Generalleutnant). Er wurde nach Kriegsende im Jahr 1946 von den Sowjets verhaftet und gilt seither als vermisst.

Im Jahre 1934 legte sie das Abitur ab und bereits zwei Jahre später heiratete sie den sechs Jahre älteren Berufsoffizier Georg-Wolfgang von dem Hagen (ebenfalls ein weit zurückreichender Familienverband). Bedingt durch den Beruf des Ehemannes zogen sie 1936 nach Neumünster und wohnten seitdem in der Marienstraße. In den Jahren 1937 bis 1941 kamen die Kinder Wolf-Eberhard, Rüdiger und Elisabeth zur Welt.

Während der Kriegsjahre befand sich der Ehemann durchgehend im Einsatz. Mit Ende des Krieges geriet er in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst im Januar 1950 zurückkehrte. Wie viele andere Frauen war Alexandrine von dem Hagen in diesen Jahren auf sich allein gestellt und hatte für die Kinder und für sich das Leben und das Überleben zu organisieren.

In dieser Situation begann sie, sich eine berufliche Existenz aufzubauen. Von 1946 an war sie zunächst als Schulhelferin an der Vicelinschule tätig. 1947/1948 absolvierte sie einen Notkursus zur Ausbildung als Lehrerin. Weil es überall an Lehrkräften fehlte, wurde mit solchen Programmen dafür gesorgt, dass der Schulbetrieb schnell und geordnet wieder aufgenommen werden konnte. 1949 und 1953 legte sie die erforderlichen Prüfungen für das Lehramt an Grundschulen ab. Seitdem unterrichtete sie bis zu ihrem Ruhestand 1978 an der Timm-Kröger-Schule, ab 1960 nahm sie zusätzlich die Aufgaben einer Konrektorin wahr. Vielen ihrer ehemaligen Schülerinnen und Schülern bleibt sie als zugewandte Lehrerin in Erinnerung.

Zeitgleich mit der Lehrerinnenausbildung begann Frau von dem Hagen, sich politisch zu engagieren. 1946 trat sie der neu gegründeten Christlich Demokratischen Union (CDU) bei und vertrat für neun Jahre ihre Partei im Wohlfahrtsausschuss als bürgerschaftliches Mitglied. Bei der Kommunalwahl am 24. April 1955 wurde sie erstmals in die Ratsversammlung gewählt, der sie dann bis zu ihrem Tod 1978 ununterbrochen fast 23 Jahre angehörte. Sie übte unterschiedliche Funktionen aus, war Ratsfrau, ehrenamtliche Stadträtin sowie in mehreren Wahlperioden stellvertretende Stadtpräsidentin. Höhepunkt ihrer politischen Arbeit aber war die Zeit von April 1974 bis April 1978, in der sie das Amt der Stadtpräsidentin innehatte. Dieser Aufgabe widmete sie sich mit Freude und großem Engagement.  Hierfür und für ihre sehr persönliche Art, mit der sie die repräsentativen Aufgaben wahrnahm, wurde sie allseits – auch über Parteigrenzen hinweg – hoch geschätzt. Nach der Kommunalwahl im März 1978 konnte sie dieses Amt auf Grund der veränderten Mehrheitsverhältnisse im Rat nicht weiterführen, wurde aber zur stellvertretenden Stadtpräsidentin gewählt.

Der Schwerpunkt ihrer politischen Tätigkeit lag in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Jugend und Kultur. Darüber hinaus galt ihr Interesse dem Umweltschutz, einem Thema, mit dem sie ihrer Zeit voraus war. So habe sie, wie es politische Wegbegleiter berichten, den entscheidenden Anstoß für den Erlass einer ersten Baumschutzverordnung in Neumünster gegeben.

Der Ehemann Georg-Wolfgang von dem Hagen setzte sich nach seiner Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft 1950 als Gründungsmitglied des „Verbandes der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen Deutschlands e.V. (VdH)“ für die Betreuung und Belange heimkehrender Soldaten ein. Er blieb dieser Aufgabe bis zu seinem Tod im Jahre 1983 verbunden und verpflichtet. 

Mit ihrem plötzlichen Tod endete ein bis zuletzt aktives politisches Leben. Über drei Jahrzehnte hatte sie die Geschicke in dieser Stadt mitbestimmt. Sie war die erste Frau, die in das auf kommunaler Ebene höchste politische Amt einer Stadtpräsidentin gewählt wurde und hat damit für nachfolgende Frauen in diesem Bereich Maßstäbe gesetzt.

Die Gräber der Eheleute befinden sich auf dem Südfriedhof auf der Grabstätte der Familie.

Alexandrine von dem Hagen ist für ihren dem Allgemeinwohl dienenden politischen und gesellschaftlichen Einsatz mehrfach geehrt worden:

  • 1971 mit der Freiherr-vom-Stein-Medaille des Landes Schleswig-Holstein               
  • 1975 für langjährige Mitgliedschaft in der CDU
  • 1976 für 40jährige Mitgliedschaft beim Deutschen Roten Kreuz
  • 1978 mit der Silbernen Ehrennadel des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge
  • 1978 für langjährige Tätigkeit beim Deutschen Städtetag
  • 1985 mit der Benennung einer öffentlichen Straße im Stadtteil Tungendorf als „Von-dem-Hagen-Weg“. Auf Grund des hierzu gefassten Beschlusses der Ratsversammlung handelt es sich um eine gemeinsame Ehrung des Ehepaares von dem Hagen für seine Verdienste

Im öffentlich zugänglichen Bereich des Neuen Rathauses wird mit einem Porträt in der Gemäldegalerie bisheriger Stadtpräsidenten und Stadtpräsidentinnen an Alexandrine von dem Hagen erinnert.

Heide Winkler
März 2021

Quellennachweise

  1. Archivunterlagen/Magistratsunterlagen in Bezug auf die politischen Daten/Ratszugehörigkeit und Funktionen; Vermerk hierzu
  2. Angaben in Bezug auf persönliche Daten zur Familie stammen von dem Sohn  Rüdiger von dem Hagen/Schriftwechsel und Fotografien
  3. Ein Porträt – aufgeschrieben von der Familie v.d. Hagen/zur Verfügung gestellt von Rüdiger v.d.H.
  4. Erinnerungen der politischen Wegbegleiter Herbert Möller, seinerzeit Fraktionsvorsitzender der CDU, und Klaus Haller, damals ehrenamtlicher Stadtrat
  5. Internet in Bezug auf den VdH
  6. HC vom 08.07.2015; Interview mit Werner Holling und Herbert Möller, Kommunalpolitiker der CDU; u.a. mit Fotos von Frau v.d.Hagen mit Dr. Helmut Kohl und Lt-Präsident Helmut Lembke/1970er Jahre
  7. Drucksache Nr. 1264/82; Straßenbenennung
  8. Grabstelle Südfriedhof
  9. HC vom 16. 12. 1974
  10. Nachrufe Familie, Stadt Neumünster und CDU